Plädoyer für mehr Gespräche


Schweigen ist Silber, Reden ist Gold
Foto: pinkprofiler.de
Kennt Ihr das, wenn etwas unausgesprochen, aber wie eine riesige Barriere zwischen zwei oder mehr Menschen steht? Nehmt Ihr die negativen Schwingungen wahr, spürt Ihr, dass da was nicht stimmt? Habt Ihr das Gefühl, da ist etwas, das Euch belastet und auf Distanz zu jemand anderem hält? Gibt es etwas, das Euch stört oder ärgert, das Ihr aber nicht benennt, weil Ihr denkt, es sei nicht der Rede wert?
Ich behaupte, ganz viele von Euch hätten jetzt mit "Ja" geantwortet. Vielleicht sogar alle. Denn solche Situationen kommen immer wieder vor. Und sie verunsichern uns alle. Euch und Euer Gegenüber. Man fängt an, sich Gedanken zu machen. "Hab ich jetzt was falsch gemacht?" "Ist der/die sauer auf mich?" "Was stimmt da nicht?"
Wie viele von Euch hätten tatsächlich den Mund aufgemacht? Nachgefragt, was genau das ist, was da zwischen Euch steht. Oder, falls Ihr das wisst, es offen benannt. Das Unausgesprochene ausgesprochen und im Idealfall auch gleich geklärt.

Ich hatte vergangene Woche genau diese Situation. Ich habe gespürt "da stimmt was nicht". Genauer, ich habe mich über jemanden geärgert und derjenige vermutlich auch über mich. Einen Tag lang war da die seltsame, oben beschriebene Stimmung. Dann habe ich den Mund aufgemacht. Was folgte, war ein klärendes Gespräch, das die riesige Barriere weggespült hat. Eine Unterhaltung, die einfach nur gut tat. Die die Luft reinigte und mir half, wieder freier atmen zu können. Meine Seele reinigte. Und erst im Anschluss spürte ich, wie groß die Last eigentlich war, die ich den ganzen Tag über mit mir rumgeschleppt hatte.

Im Nachhinein könnte ich mir vor den Kopf klatschen. Was ist das eigentlich mit uns Menschen? Warum können wir nicht einfach offen und ehrlich miteinander reden? Ja, ein ehrliches "Du gehst mir heute total auf die Nerven. Alles, was Du machst, ist einfach nur anstrengend" kann hart sein und im ersten Moment wehtun. Weiß ich selbst, ich hab es ja oft genug am eigenen Leib erfahren. Aber andererseits – beschäftigt es uns nicht viel mehr, wenn wir genau merken, dass da was nicht stimmt? Kostet es nicht viel mehr Zeit und Energie, darüber zu rätseln, was da zwischen uns stehen könnte? Ist es nicht viel anstrengender mit jemandem zu kommunizieren, der die ganze Zeit nervt, als demjenigen einfach mal zu sagen, was uns stört? Klar, der Ton macht die Musik und man kann von niemandem verlangen sich zu verbiegen. Aber vielleicht hilft es auch, wenn endlich offen ausgesprochen wird, dass man nie hundertprozentig auf einer Wellenlänge liegen wird. Vielleicht reicht es ja, wenn beide Seiten einfach akzeptieren, dass sie sich nicht lieben, sondern nur respektieren müssen. Vielleicht stellt man aber auch fest, dass da doch ganz viel Gemeinsames ist, auf dem man aufbauen kann.

Ich bin ein Mensch, der nicht viel von Anderen erwartet. Ich gehe viel zu oft davon aus, dass mein Gegenüber mich nicht mag. Und ganz oft wird genau dadurch diese ungute Atmosphäre erzeugt. Weil mein Gesprächspartner merkt, da stört etwas. Dann beginnt ein Teufelskreis. Ich merke, mein Gegenüber fühlt sich unwohl. Mein Eindruck, dass derjenige etwas gegen mich hat, verstärkt sich. Ich werde noch abweisender. Mein Gegenüber fühlt sich noch unwohler. Und schwupps, schon geht das Ganze wieder von vorne los.
Das hier ist ein Plädoyer für mehr Offenheit. Für mehr klärende Gespräche. Für weniger Ärgern im Stillen, für weniger Runterschlucken. Macht den Mund auf und redet miteinander. Denn Ihr habt Euer Mundwerk nicht nur zur Nahrungsaufnahme bekommen.
 

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