Gefühlswelt


Neid und Missgunst

Neid und Missgunst sind keine schönen Gefühle. Sondern welche, von denen ich mich so weit wie möglich distanziere. In vielen Fällen kann ich die Beweggründe anderer für ihren Neid überhaupt nicht greifen. Ich habe als Kind nicht geheult, wenn andere Süßigkeiten oder ein Eis bekamen und ich nicht. Ich habe es in der Schule nicht als schlimm empfunden, wenn jemand eine bessere Note schrieb als ich. Ich war immer ein Mensch, der sich an seinen eigenen Maßstäben gemessen hat. Wenn ich eine Zwei in Mathe hatte, war es mir völlig egal, ob der Klassendurchschnitt bei Eins oder Vier lag. In Mathe war eine Zwei für mich immer ein Grund, mich zu freuen.

Neid und Missgunst. Gefühle, die hässliche Reaktionen hervorrufen. Geläster hinter dem Rücken der Beneideten.
"Die hat nur deshalb so gute Noten, weil ihre Eltern sie fördern."
"Die ist der Liebling von der Lehrerin."
"Die kriegt von den Eltern alles, was sie haben will. Verwöhntes Gör."

Mich lassen Aussagen wie diese meist kopfschüttelnd zurück. Geht doch bitte denken. Die beste Förderung der Eltern hilft nichts, wenn man sich als Kind nicht reinhängt. Wer von der Lehrerin gemocht wird, hat in der Regel selbst was richtig gemacht (fleißig, gewissenhaft, freundlich, hilfsbereit?) und wie viel die Eltern ihrem Kind schenken oder bezahlen, geht andere doch nichts an. Oder sehe nur ich das so?
 
Ein genauso unschönes Gefühl: Schadenfreude. Häufig hervorgerufen durch die oben beschriebenen Gemütsbewegungen. Laut Lachen, wenn jemand, der scheinbar alles hat, auf den Allerwertesten fällt. Dem Musterschüler, der eine schlechte Note geschrieben hat, die eigene Eins unter die Nase reiben. Genugtuung, wenn die neue Freundin des Ex Streit mit ihm hat. Nein, ich kann und will mir das nicht mehr antun. Versprüht Euer Gift woanders.

Das Schlimme daran: Keiner kann sich so richtig davon frei machen. Ich schreibe diesen Text heute, weil ich vor wenigen Tagen sehr erschrocken einen Anflug von Schadenfreude bei mir selbst festgestellt habe. Ein kurzer Moment, in dem ich dachte "Ätsch, das hast Du nun davon". Ich schäme mich für diesen Gedanken. Ja, vermutlich sollte ich weniger streng mit mir sein. Wir sind alle Menschen und können nicht rund um die Uhr tugendhaft sein. Und dennoch wünsche ich mir mehr Gleichgesinnte. Mehr Mitmenschen, die ähnlich wie ich Empfindungen wie diese ablehnen. Die anderen ihre Erfolge gönnen. Die sich nicht immer mit anderen vergleichen, sondern ihre eigenen Maßstäbe ansetzen.
 
Ich glaube ehrlich, dass es das Leben für viele einfacher machen wird. In erster Linie für die, die neidisch sind. Denn es muss unfassbar anstrengend sein, so verbittert, so negativ und so wahnsinnig missgünstig zu sein.


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