Die große weite Welt


Fernweh

Ich habe in letzter Zeit viel über mich selbst geschrieben. Über mein Innenleben, meine Zweifel, meine Probleme, über wahnsinnig Vieles, das ich jeden Tag mit mir herumschleppe. Ich hatte oft das Gefühl, mein Ziel aus den Augen verloren zu haben, war antriebslos.
In den letzten Tagen allerdings, da hat sich etwas in mir geregt. Der aktive Teil von mir hat sich gewünscht, dass ich – salopp gesagt – endlich wieder den Hintern hochkriege. Etwas unternehme, mein Leben im Griff habe. Ich habe angefangen Listen zu schreiben und wisst Ihr was, es ist ein verdammt gutes Gefühl, Punkt um Punkt darauf abhaken zu können.
Letztlich hat sich (endlich!) auch mein Reisefieber wieder gemeldet. Ich habe überlegt, wohin der nächste Urlaub gehen könnte. Wann ich hier mal wieder rauskann. In schlechten Momenten habe ich mich bei dem Gedanken ertappt, einfach an einen besseren Ort flüchten zu können.

Nein, Reisen kann nicht alles, heilt nicht jede Wunde. Ich habe irgendwann während meiner Schulzeit mal einen lateinischen Text übersetzen müssen, in dem genau das gesagt wird. Dass man seine Probleme auch im Urlaub mit sich rumschleppt, dass die nicht einfach verschwinden. Ganz Unrecht hat Seneca nicht, das ist mir diesen Sommer in Schweden aufgefallen. Ich war an meinem Herzensort. Es hätte ganz viele Gründe gegeben, glücklich zu sein. Aber das Päckchen, das ich tragen musste, war schlicht und einfach zu schwer. Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Ich habe Schweden nicht mit denselben Augen sehen, nicht mit demselben offenen Herzen empfangen können wie ein knappes Jahr zuvor.

Jetzt habe ich das Gefühl, ich bin wieder bereit fürs Reisen. Es kribbelt in meinem Fingern, wenn ich auf Facebook, Twitter oder sonstwo traumhaft schöne Fotos von allen möglichen Reisezielen sehe. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, ob ich immer und immer wieder in mein Herzensland Schweden reisen soll, nach Norwegen, England, Italien, an viele Orte, an denen ich schon war und die mich schon fast als zweites Zuhause begrüßen. Oder ob ich nicht doch mehr von der Welt sehen will. Mal ganz in den Norden. Lappland, Island, endlich mal nach Finnland. Von Kanada und den USA habe ich bislang auch nur wenig gesehen und Griechenland und Portugal sind noch beinahe ganz weiße Flecken auf meiner Reiselandkarten.

Mein Fernweh ist wieder da. Ich bin aktiver, fast als wäre ich wie Dornröschen aus einem hundertjährigen Schlaf aufgewacht. Auf einmal habe ich das Gefühl, dass in diesem Leben noch so Einiges möglich ist. Ja, ich weiß, dass das nicht immer so sein wird und wieder Tage kommen werden, an denen ich gar nichts ertrage. Aber darüber möchte ich jetzt nicht nachdenken. Es hat in der letzten Zeit einige Dinge gegeben, über die ich mich wirklich freuen konnte. Der Gedanke daran, dass ich in wenigen Tagen jemandem mit einem Geschenk eine große Freude machen werde. Mein Plan, einer guten Freundin die Weihnachtsplätzchen vorbeizubringen, die sie so liebt. Eine Creme, die nach Schweden riecht. Und eben auch die Tatsache, dass ich vor ein paar Tagen auf Facebook unglaublich schöne Fotos von einem Urlaub gesehen habe und sich eben dieses Fernweh wieder begonnen hat zu regen. Ich fühle mich lebendig wie lange nicht mehr. So lebendig, dass ich wieder aufbrechen will in die große, weite Welt, die ich so liebe. Ich habe in den vergangenen Monaten verzweifelt versucht, einen Hafen zu finden. Vielleicht ist mir jetzt ein Licht aufgegangen, dass ich keinen brauche. Dass es nicht den einen Hafen gibt, sondern viele kleine Ankerpunkte. Und dass immer weitere hinzukommen werden, je mehr ich reise.
Das Foto unten habe ich vor 15 Monaten in Schweden gemacht. Ich habe diese Reise genossen, das Gefühl frei zu sein. Ich will an dem Gedanken festhalten, dass es wieder so sein wird. Dass das Reisen sich anfühlt wie eine Erlösung.
 

Ich will wieder aufbrechen. Ein Abenteuer erleben, in die große weite Welt hinausziehen.

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