Therapietagebuch
Therapietagebuch – Ich wollte nie, dass
es so weit kommt
Gestern war ich, zwischen
Reportagen, Interviews, Fotos und Abgabeterminen, wieder einmal bei meiner
Therapeutin. Es war eine seltsame Stunde. Zum einen, weil es immer seltsam ist,
wenn ich kurz nach einem sehr schlechten Tag (der war am Montag. Der ist IMMER
am Montag!) bei ihr bin und davon berichten soll. Zum anderen habe ich mich
wirklich sehr darum bemüht, mein Inneres so detailliert wie möglich zu
schildern. Das führte dazu, dass sie im Laufe der Stunde mehrmals ein
gehauchtes, nahezu geseufztes "Oh, Svenja" von sich gab.
Mir war das unangenehm. Sie schien von dem schockiert zu sein, was sie hörte. Sie schien Mitleid zu haben. Ich will aber kein Mitleid. Und ich bekam aufgrund ihrer Reaktion sofort das Gefühl, übertrieben zu haben.
Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand Mitleid mit mir hat. Ich will auch keines. Weil ich mir immer wieder denke, dass sich meine Mitmenschen das Mitleid für jemanden aufsparen sollen, dem es wirklich schlecht geht. Der schwer krank ist, kein Dach über dem Kopf hat, dem es an Geld mangelt.
Manchmal verstehe ich mich selbst nicht mehr. Soll heißen, ich kann nicht begreifen, warum ich mich so fühle. Ich werfe mir selbst vor, dass es mir doch gut geht. Mein Gehirn weigert sich das zu akzeptieren, was meine Seele mir signalisiert.
Therapiestunden sind nie leicht. Ich werde gezwungen, von mir zu erzählen. Ich stehe im Mittelpunkt und das konnte ich noch nie leiden. Jedes Mal bin ich der Meinung, dass ich bei meinen Schilderungen übertreibe – und meine Therapeutin denkt, dass ich abschwäche. Ich weiß nicht, wer von uns beiden Recht hat.
Mir war das unangenehm. Sie schien von dem schockiert zu sein, was sie hörte. Sie schien Mitleid zu haben. Ich will aber kein Mitleid. Und ich bekam aufgrund ihrer Reaktion sofort das Gefühl, übertrieben zu haben.
Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand Mitleid mit mir hat. Ich will auch keines. Weil ich mir immer wieder denke, dass sich meine Mitmenschen das Mitleid für jemanden aufsparen sollen, dem es wirklich schlecht geht. Der schwer krank ist, kein Dach über dem Kopf hat, dem es an Geld mangelt.
Manchmal verstehe ich mich selbst nicht mehr. Soll heißen, ich kann nicht begreifen, warum ich mich so fühle. Ich werfe mir selbst vor, dass es mir doch gut geht. Mein Gehirn weigert sich das zu akzeptieren, was meine Seele mir signalisiert.
Therapiestunden sind nie leicht. Ich werde gezwungen, von mir zu erzählen. Ich stehe im Mittelpunkt und das konnte ich noch nie leiden. Jedes Mal bin ich der Meinung, dass ich bei meinen Schilderungen übertreibe – und meine Therapeutin denkt, dass ich abschwäche. Ich weiß nicht, wer von uns beiden Recht hat.
Ich wollte nie, dass es
so weit kommt. Wollte nie alles infrage stellen. Ich wollte nie jeden einzelnen
Tag darum kämpfen müssen, aus dem Haus zu gehen. Wollte nie so viel Angst vor
dem Tagesverlauf haben. Mich nie von unbedachten Kommentaren, die sich gar
nicht gegen mich richten, so treffen lassen. Doch das kommt im Studium gar
nicht so selten vor.
Meine Therapeutin fragt mich, ob ich mir sicher bin, den richtigen Studiengang gewählt zu haben.
Ja, bin ich. Für mich war diese Wahl nicht nur die beste, sondern die einzige Option. Es war der einzige Studiengang, der mir zusagte. Das erste Mal, dass ich mir meine Zukunft tatsächlich vorstellen konnte. Ich habe schon als Kind selbst Zeitungen gebastelt und darin Nachrichten über ein Fantasieland notiert. (Ich glaube, ich hab die Zeitungen irgendwo noch.) Ich habe Fernsehnachrichten nachgespielt. Mir meistens alles selbst ausgedacht. Ich war so kreativ.
Meine Therapeutin fragt mich, ob ich mir sicher bin, den richtigen Studiengang gewählt zu haben.
Ja, bin ich. Für mich war diese Wahl nicht nur die beste, sondern die einzige Option. Es war der einzige Studiengang, der mir zusagte. Das erste Mal, dass ich mir meine Zukunft tatsächlich vorstellen konnte. Ich habe schon als Kind selbst Zeitungen gebastelt und darin Nachrichten über ein Fantasieland notiert. (Ich glaube, ich hab die Zeitungen irgendwo noch.) Ich habe Fernsehnachrichten nachgespielt. Mir meistens alles selbst ausgedacht. Ich war so kreativ.
Diese Kreativität ist
mir, fürchte ich, irgendwie abhanden gekommen. Ich habe sehr oft das Gefühl,
meinem Studiengang nicht gerecht zu werden. Die Inspiration, worüber ich meine
Reportage schreiben könnte, kam von einer Freundin, meine zweite Idee wurde von
meiner Schwester angeregt. Kann ich mir selbst nichts mehr einfallen lassen?
Gehen mir die Ideen aus? Immer wieder fürchte ich, dass es so ist. Eine
Blockade im Kopf. Probleme selbst beim Schreiben. Ich schreibe so viel und
denke doch jedes Mal: Ich könnte das besser. Ich schöpfe mein Potenzial nicht
aus. Irgendetwas blockiert mich.
Nein, ich wollte nie,
dass es so weit kommt. Der Begriff Psychopharmaka ist gestern wieder einmal
gefallen. Ich will nicht, nach wie vor. Meine Therapeutin hat Verständnis, sagt
sie. Ich weiß aber auch, dass ich vielleicht eines Tages keine Wahl mehr haben
werde. Dass es die klügere Entscheidung wäre, jetzt damit anzufangen. Vielleicht
müsste ich dann nicht mehr so viele Montage ertragen. Montage, die so schlimm
sind, dass ich aufhöre, meine Kopfschmerzen zu spüren. Weil ich so viele Dinge
auf einmal fühle, dass kein Schmerz, keine Verzweiflung, ja, noch nicht einmal
die Traurigkeit wirklich "durchkommt". Weil ich so viel fühle, dass ich nichts
mehr spüre. Weil es sich ohnmächtig anfühlt. Weil ich meinen eigenen Körper
nicht mehr bewusst wahrnehme.
Manchmal wachsen mir
(meint meine Therapeutin) ganz große Kräfte. Dann, wenn es darum geht, noch
einen ganzen Tag in dem Zustand durchstehe zu müssen. Ich behaupte, ich mache
das wegen der Zwänge. Aus Pflichtbewusstsein. Ich werde das weiter so
durchziehen. Solange es geht. Denn es geht immer irgendwie weiter.
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